Englisch ist in Indien eine Amtssprache und jedes
Kind lernt es in der Schule.
Das heißt leider nicht, dass es von einem Großteil der Bevölkerung beherrscht
wird.
Im Gegenteil. Die Fähigkeit, einen vollständigen und
korrekten Satz zu verstehen, geschweige denn zu bilden, ist nicht weit
verbreitet.
Das ist an sich kein Problem, wenn man die lokale Sprache spricht kommt man auch gut ohne eine internationale zurecht.
Doof wird es nur dort, wo der schulische Anspruch entsteht, die Sprache zu lernen.
Nach vier Monaten Beobachtung stelle ich fest:
Es liegt nicht an der Lernbereitschaft der Kinder.
(Daran liegt es nie.)
Wenn es einen Schuldigen gibt, dann ist dieser das
hiesige Bildungssystem, entstanden durch britischen Kolonialismus.
Die Schulbücher sind (offen gesagt) eine
Katastrophe. Es gibt keinerlei inhaltlich erkennbaren roten Faden oder
Aufgabenstellungen die darauf abzielen, dem Kind Englisch sprechen
beizubringen.
Auch die Englischtests, die wir bisher zu Gesicht bekommen haben,
wirken durcheinander, haben teils nicht klar gestellte Fragen und bestehen
überwiegend aus Multiple-Choice-Aufgaben.
Die Art und Weise, wie die Kinder lernen, ist nicht
besonders erfolgreich und dementsprechend scheinen die meisten von ihnen schon
nach wenigen Jahrgangsstufen überfordert mit dem Stoff.
Wie soll ein zwölfjähriger Junge einen zweiseitigen
englischen Fließtext verstehen, der keinerlei Verbindung mit seiner
Lebensrealität hat, komplexe Sätze beinhaltet und Wörter, die auch ich mit sehr
gut bestandenem Englisch-Abitur nicht kenne?
Ich sitze mit drei Jungs der sechsten und siebten
Klasse auf dem Boden und helfe bei den Hausaufgaben. Sie müssen die Worte von Sätzen
in die richtige Reihenfolge bringen.
Sie haben keine Ahnung, wie ein englischer Satz
aussieht und raten nur.
Ich versuche ihnen englischen Satzbau zu erklären.
Subjekt, Prädikat, Objekt. Davon haben sie noch nie gehört und sie verstehen
mich nicht. Ich sehe ein, dass ich es nicht schaffe, bei keiner gemeinsamen
Sprache und keinerlei Kenntnis der Grammatik der Muttersprache der Kinder, so
etwas Komplexes zu erklären.
Ich versuche es zu vereinfachen, nur die prägnante
und einfache Stellung des Prädikats. Jetzt scheitert es am fehlenden
Verständnis dafür, was ein Satzglied ist und warum an zweiter Stelle stehen
nicht bedeutet, dass es das zweite Wort des Satzes sein muss.
Sie raten am nächsten Satz, der eine gänzlich andere
Satzstruktur aufweist als die vorangegangenen, damit es den Kindern auch ja
nicht möglich ist, ein System im Satzbau zu finden.
Ich verdrehe die Augen und ergänze im
darauffolgenden Satz ein fehlendes Wort.
Was ist die meistgesprochene Sprache der Erde?? Schlechtes Englisch...
AntwortenLöschenAber im Ernst: Kann die Ursache der verkorksten Bücher und Tests in der Geschichte liegen? Hat die ehemalige Besatzungsmacht vielleicht vorgeblich Sprachen unterrichtet, aber so dilettantisch, daß kein ordentliches Ergebnis möglich war?
Ohne Wissen über Grammatik (z.B. in der Muttersprache) ist es wohl unmöglich, andere Sprachen zu "erklären". Wie soll man die Regel SPO anwenden, wenn man nicht weiß, was die einzelnen Satzteile sind bzw. bedeuten? Da lässt Sisyphus grüßen... und ganz schnell Frust für die Lehrer und ihre Helfer aufkommen! Eine fast unlösbare Aufgabe!
Zum Thema Ursache kommt noch einiges. Aber ja, liegt wohl in der Geschichte.
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