In Hassan gibt es einen Tempel. Also eigentlich gibt
es ganz viele Tempel, aber halt auch den
einen einzig wahren Hassan-Tempel.
Der ist so krass: Der Tempel wurde nicht nach der
Stadt, sondern die Stadt nach dem Tempel benannt.
Der ist sogar noch viel krasser: Er ist nur einmal
im Jahr für zwölf Tage geöffnet. Und wenn diese Tage vorbei sind, betritt
niemand mehr den Tempel, für ein ganzes Jahr. Nach diesem Jahr sind alle
Opfergaben vom Vorjahr noch da. Und sie sind frisch. Die Blumen nicht verwelkt,
das Essen nicht verfault.
Und wenn wir schon so ein krasses Teil in der
Nachbarschaft haben, dann müssen wir uns das auch irgendwann mal angucken…
Irgendwann ist heute Abend, 19:15 Uhr. Benedict, Ich
und Malthi (Die Mentorin der Mentoren), stehen am Ende einer ewig langen
Schlange.
Dieser Tage feiert man Diwali, das Lichterfest. Es
gibt Feuerwerk, Kinder rennen mit Böllern durch die Gegend. Der Tempel und die
umliegenden Häuser sind unter Tonnen von bunt blinkenden Lichterketten
begraben. Menschenmassen schieben sich durch die Straßen, jeden Meter trifft
man auf einen Händler, der lautstark seine Ware anpreist.
Wir gucken uns die Schlange genauer an und schätzen die
Wartezeit auf zwei bis drei Stunden. Eine lange Zeit und wir hatten noch kein
Abendessen. Da passt es ganz gut, dass am Rand der Schlange Wasserflaschen und
alle möglichen Snacks angeboten werden.
Eine gute Stunde verbringen wir mit Essen und
Quatschen, eine weitere mit Wetten, wie lange es wohl dauert, bis wir an dem
und dem Punkt in der Schlange angekommen sind.
Ich ärgere mich über meinen schwächelnden Handyakku,
starre bestimmt eine weitere halbe Stunde einfach in die Gegend, während sich
die Menschenmasse quälend langsam vorwärts schiebt.
Malthi hat eine neue Freundin gefunden. Sie redet
mit einer Ärztin, die aus Bengaluru angereist ist und hinter uns in der
Schlange steht. Auch ich unterhalte mich mit einer jungen Frau aus Bengaluru,
die eine Schlangenwindung hinter uns steht.
Ich antworte auf die Frage, ob ich verheiratet sei
mit nein. „So you`re a single man?“, hakt sie nach. Ihre männliche Begleitung
wirft mir einen prüfenden Blick zu, ihre Freundin oder Schwester fängt an zu
kichern. Ich lasse das mal unkommentiert.
Auch Benedict spricht hin und wieder mit
irgendwelchen Menschen aus der Schlange.
Nach dreieinhalb Stunden Warterei ist das Ergebnis
ausgesprochen unspektakulär. Wir haben knappe fünf Sekunden Zeit, den Schrein
der Gottheit zu betrachten, dann werden wir weitergescheucht.
Das Ding hat halt eher spirituellen, als
touristischen Wert. Diesen Gedanken bestätigt Malthi, die noch in den Außenanlagen
des Tempels verweilt und betet. Sie ist endlich mal in diesem Tempel, das macht
sie sehr glücklich.
Mich macht es sehr glücklich, dass wir den Tempel um 23 Uhr verlassen und
endlich futtern können.
Wir holen uns verschiedene Formen von Dosa (eine Art
super leckerer Fladen) und frittierte, in Sirup getauchte Süßigkeiten. Malthi
erfüllt das Klischee und holt immer und immer wieder Nachschub.
„Oh, you can try this one!
Did you ever tasted this? It`s delicious! One more of this? No? Oh, come on,
yes of cause one more!”
Gegen Mitternacht schlecken wir pappsatt ein Eis und
suchen uns seine Riksha. Zuerst lässt sich Malthi an ihrem Hotel absetzen, dann
geht es weiter ins Heim.
Sunil, der Nachtschicht hat, öffnet uns die Tür. Es
ist zwanzig Minuten nach Mitternacht. Er wünscht uns einen guten Morgen.
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